Soziale Ungleichheit in der Hochphase der Globalisierung

Veröffentlicht am 28.07.2017 in Standpunkte

AK Reutlingen/Tübingen: Am 21.7.2017 referierte der Tübinger Sozialethiker und Sozialdemokrat Prof. Dr. Möhring-Hesse in Wannweil über soziale Ungleichheit in der Hochphase der Globalisierung, also zwischen 1990 und der Finanzkrise im Jahr 2008.

„Mit der Ortsrendite (dem puren Zufall des Ortes, in den jemand hineingeboren wird) können Sie 80% der Ungleichheiten erklären - eine Skandalisierung des puren Zufalls!“

Was heißt das? Wenn man die Veränderungen des Pro-Kopf-Haushaltseinkommens in dieser Phase untersucht, stellt man fest, dass es zwei Gewinner und einen Verlierer der Globalisierung gibt. Der höchste Anstieg lässt sich feststellen bei den ehemals Armen in asiatischen Ländern; hier entwickelte sich eine globale Mittelschicht. Drastische Zugewinne heben die reichsten 1 % der  Weltbevölkerung, die „globalen Plutokraten“  v.a. in USA, Westeuropa und Japan. Die Verlierer sind Mittelschichtangehörige in den reichen Ländern der OECD. Wie lässt sich aber die „Ortsrendite“ bei den Armen der Erde verbessern? Offensichtlich eben durch die Globalisierung, denn sie führt zu einem Einbezug der peripheren Märkte in die Wertschaffungskette, aber -  vor allem durch Migration der Ärmeren in die reichen Länder! Die Politik, in den Herkunftsländern Fluchtursachen zu bekämpfen, wird daran nichts ändern, denn höhere Einkommen setzen die Menschen eher instand, auszuwandern.

Was bedeutet dies für eine sozialdemokratische Politik?

Zunächst Absage an den „Wohlstands-Chauvinismus“, der sich in der  Gleichgültigkeit der im Wohlstand Lebenden gegenüber den Armen der Erde und im eigenen Land manifestiert, was auf der einen Seite heißt: Verbesserung der Ortsrendite in den ärmeren Ländern und gleichzeitig „Migrationsoffenheit“ (bei Steuerung dieser Migration, z.B. durch Einwanderungsbestimmungen), auf der anderen Seite muss der Staat gesellschaftliche Solidarität von den Überlegenen einfordern, weil nur so die gesellschaftliche Grundstruktur gegenüber denen, die am schlechtesten gestellt sind, gerechtfertigt werden kann. Wir haben also nach zwei Seiten einen großen „Solidarisierungsbedarf“ in den reichen Ländern!  Solidarität aber ist heute dringender denn je gefordert, weil ein Übermaß an sozialen Ungleichheiten eine Gesellschaft überfordert, die „durch wachsende Differenzen sowieso schon stark gefordert wird.“

Angela Madaus

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