Arbeit 4.0 und die katholische Soziallehre

Veröffentlicht am 22.10.2019 in Standpunkte

Auf Einladung des Arbeitskreises Christen & SPD im Kreis Reutlingen und der katholischen Kirchengemeinde Sankt Franziskus Pliezhausen referierte Matthias Schneider, der Betriebsseelsorger und Diözesanpräses der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) über die Folgen, die sich aufgrund der weltweiten Vernetzung der verschiedenen Wirtschaftssysteme ("Cyber Physical System") für die Arbeitswelt ergeben, und die Antwort der katholischen Soziallehre hierauf.

Noch gibt es Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten auf staatlicher und betrieblicher Ebene, die allerdings schleunigst genutzt werden sollten. Denn durch die Flexibilisierung der Arbeitswelt infolge der weltweiten Vernetzung und dadurch auch Anonymisierung sowie durch die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette verschiebt sich zum Beispiel die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Betriebe und jede einzelne Person müssen darauf achten, dass sie nicht von den elektronischen Medien, z.B. durch Internet und Smartphone beherrscht werden, sondern dass sie diese Medien zwar nutzen, sich ihnen aber auch entziehen.

In welcher Weise ändern sich nun die Bedingungen der Arbeit? Was bedeutet Digitalisierung im
Kapitalismus?

  • Arbeit ist zunehmend autonom und flexibel: Arbeitnehmer müssen sich zunehmend selber vermarkten (Fahrradkuriere, Auslieferungen z.B. bei Eismann: der Fahrer ist sein eigener Unternehmer mit allen Risiken; lückenlose Überwachung von Zustellungs-Fahrten, z.B. Hermeskuriere usw.)
  • Crowd-, Clickworking, Freelancer: Solo-Selbständigkeit z.B. in Cloud ausgeschrieben, Geschäfte über Plattformen: keine soziale Absicherung
  • Gesundheitliche Risiken durch Burn Out, Stress durch Selbstausbeutung
  • Verlagerung der Arbeit in indirekte Bereiche (Planung, Steuerung, Überwachung) und in Dienstleistungen
  • Neue Mensch-Maschine- Kombinationen in der Fertigung
  • Zunahme befristeter Arbeit, von Teilzeit- und Leiharbeit
  • Zunahme prekärer Beschäftigung
  • Anstieg der Qualitätsanforderungen

Was ist die Antwort der katholischen Soziallehre?

  • Arbeit ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht
  • Arbeit heißt Beteiligung (Aufgabe der Gewerkschaften, aber: die Weltbank ist der Meinung, Gewerkschaften seien überflüssig!)
  • Arbeit muss existenzsichernd sein (Weltbank: Löhne absenken!!!)
  • Soziale Sicherheit muss gewährleistet sein (Forderung der Weltbank: die Unternehmen sind aus ihrer sozialen Verantwortung zu entlassen!!!)
  • Arbeitsbeziehungen müssen verlässlich sein
  • Arbeitsbedingungen müssen human gestaltet werden
  • Bildung und Qualifizierung muss ermöglicht werden

In diesem Spannungsfeld sei es Aufgabe der Kirchen, in der virtuellen Welt analoge Inseln mit niederschwelligen Angeboten für echte Kommunikation zu sein, mit Auffangstationen und sinnstiftenden Angeboten.

Angela Madaus 22.10.2019

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