Auf der Suche nach den wahren Werten: Professor Flassbeck geht mit Investmentbankern ins Gericht

Veröffentlicht am 21.11.2010 in Allgemein

Professor Flassbeck

Professor Heiner Flassbeck, Direktor bei der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der UNO, ist bekannt dafür, dass er mit dem System Investmentbanking hart ins Gericht geht. Dies tat er auch beim Gesprächskreis Christinnen und Christen und SPD in Baden-Württemberg am Donnerstag, den 18. November 2010. Alle Spekulationen beispielsweise am Rohstoffmarkt führen seiner Analyse nach zu höheren Preisen und vielfältiger sozialer Not. Aber nicht zu mehr Produktion beispielsweise von Nahrungsmitteln. „Wo sind denn die scheinbaren Werte, von denen diese Banker sprechen, dass sie sie geschaffen hätten?“, warf Flassbeck in die Runde und erntete dabei betroffenen Applaus.

Von Wolfram Keppler

Rund 40 Interessierte waren in die Räume der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart gekommen und diskutierten, angeführt durch Dr. Rainer Prewo, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Baden-Württemberg, kontrovers die Thesen des UNO-Vertreters. Während Prewo „die Verdammungsreden gegenüber die Banken“ noch als akzeptabel bezeichnete, wehrte er sich dagegen, „dass die SPD in den letzen Jahren nur Helfershelfer der Neoliberalen gewesen sei“. Den Markt selbst bezeichnete der Wirtschaftssprecher als „Grundlage für den Wohlstand“. Ein Markt, der allerdings dringend Regeln benötige.

Heiner Flassbeck machte deutlich, dass es ihm wichtig sei, auf die Gefahren des Investment-Bankings hinzuweisen und nicht den Markt generell zu verdammen. Für problematisch hält er beispielsweise, dass man „ganze Länder mit ihren Rohstoffen einfach dem Spekulations-Markt überlässt“. Weder habe man die Verantwortlichen der Finanzkrise zur Rechenschaft gezogen noch etwas aus der Krise gelernt, so Direktor Flassbeck. „Jetzt fängt man bei den Haushalten an zu sparen, anstatt das Geld bei denen zu holen, die die Krise mit verursacht haben“. Für gefährlich hält der Wirtschaftsfachmann das Privileg von Banken, Wertpapiere zur Zentralbank zu geben, und dafür im Moment zu geringem Zins oder gar zinsfrei Geld zu kassieren. „Das ist doch ein Bombengeschäft“, so Flassbeck. Für ihn ist dies eine Ursache steigender Rohstoffpreise, weil Banken das kostenlose Geld in diese Märkte investierten. Als Lösung sieht er nur die Trennung von Banken und Investmentbanken.

Innerhalb Europas sind für Heiner Flassbeck nicht die steigenden Staatsschulden das Problem, sondern „die makroökonomischen Ungleichgewichte“. Während schwächere Länder in der Währungsunion die eigene Währung nicht abwerten könnten, habe Deutschland über lange Zeit die Lohnkosten gesenkt und sei damit klammheimlich und auf Kosten anderer wettbewerbsfähiger geworden. „Wenn dann andere Länder auf Pump kaufen müssen ist es nicht verwunderlich, dass sie bald pleite sind“. Wenn dies nicht bald ins Lot komme, „dann wird Europa auseinanderfliegen wir eine Seifenblase“, warnte er.

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