Hans von Sponeck: UN sollten ihren Prinzipien treu bleiben u

Hans Graf von Sponeck, Beigeordneter UN-Generalsekretär a.D. bei Christen/innen und SPD zu Besuch

Von Rainer Lang, epd

An seinem Auftreten erkennt man den geschliffenen Diplomaten. Doch in der Wortwahl verzichtet der frühere UN-Diplomat inzwischen ganz auf Diplomatie. Hans Graf von Sponeck, der 2000 sein Amt als Koordinator des humanitären UN-Hilfsprogramms für den Irak aus Protest gegen die Sanktionspolitik des Sicherheitsrats niedergelegt hat, geißelt den Irakkrieg als großen Fehler. Als Gastredner beim Gesprächskreis Christen und SPD in Stuttgart forderte er, die UN sollten ihren Prinzipien treu bleiben und dem Hegemoniestreben der Großmächte Einhalt gebieten.

Die UNO habe durch ihre Sanktionen 13 Jahre lang eine andere Form von Krieg geführt, weil sie die Armut der Bevölkerung und den Tod hunderttausender Kinder dadurch bewusst in Kauf genommen habe, kritisiert Graf von Sponeck, der heute in der Nähe von Freiburg lebt. Den Vereinten Nationen wirft er vor, dass sie dadurch den Tatbestand des Völkermords erfüllt hätten.

Überhaupt habe sich der Sicherheitsrat am Irak völkerrechtlich vergangen. Diese These untermauert er durch seine Erfahrungen als Beigeordneter Generalsekretär der UNO. Die Berichte über angebliche Massenvernichtungswaffen seien eine bewusste Irreführung durch die Verantwortlichen in Washington und London gewesen. Er habe selbst zerstörte Anlagen im Irak besucht und entsprechende Berichte weitergegeben, die manipuliert worden seien. Da sei gelogen worden.

Von Sponeck sieht System dahinter. Er spricht von institutionalisierter Unwahrheit, die mit Millionen von Dollars gefördert werde. Durch geschickte Propaganda sei es gelungen, ein falsches Feindbild vom Irak aufzubauen. Dafür verantwortlich macht er das Streben nach Hegemonie einiger großer UN-Mitglieder. Vor allem die USA würden mit allen Mitteln, friedlich oder kriegerisch, versuchen, ihre Hegemonie zu erhalten, nicht nur wirtschaftlich und politisch, sondern auch sozial und kulturell.

Diese nationale und regionale Gier, die das Eigeninteresse und das Streben nach Macht und Besitz in den Mittelpunkt stellt, stellt die UNO in Frage. Der Wirtschaftsdarwinismus schaffe viele Konflikte und Widersprüche in der UNO. Von Sponeck prangert die für ihn unerträglichen Doppelstandards an. Man könne nicht auf der einen Seite Menschenrechte einfordern und das US-Gefängnis für Terrorverdächtige in Guantanamo auf Kuba akzeptieren.

Auch könne man nicht ein europäisches Fort aufbauen mit Sondertarifen für Einfuhren, während man auf der anderen Seite in die Dritte Welt alles exportieren wolle. Und die Gerichtsbarkeit müsse für alle gelten, nicht nur für Iraks Ex-Diktator Saddam Hussein, sondern auch für Bush und Blair. Schließlich seien alle verantwortlich dafür, was im Mittleren Osten geschehen sei.

Trotz der harschen Kritik an der UNO und ihren Widersprüchen, hält von Sponeck die Weltorganisation mit ihren mehr als 190 Mitgliedsstaaten für unverzichtbar. „Wenn es die UNO nicht gäbe, müsste man sie erfinden“, so von Sponeck. Zwar seien die Fortschritte langsam, aber die Prinzipien der UNO seien gut und richtig. Grundrechte für alle, Schutz vor Krieg, Gerechtigkeit oder sozialer Fortschritt seien als Ziele heute noch genauso aktuelle wie bei der Gründung der UNO vor 62 Jahren. Die UNO habe einiges Wichtige erreicht. Zum Beispiel habe sie einen dritten Weltkrieg verhindert, trotzdem habe es seit 1945 mehr als 400 Kriege gegeben.

Deshalb fordert Sponeck, dass sich die mächtigen Staaten einschränken müssten. So dürften die USA nicht ständig Druck auf die Weltorganisation ausüben. Außerdem sollte die Zivilgesellschaft in Form von Nichtregierungsorganisationen stärker beteiligt werden an den Entscheidungen, genauso wie ein Rat älterer Menschen mit internationaler Erfahrung.

Dann würde es nach Ansicht Sponecks möglicherweise auch gelingen, die UN-Forderung durchzusetzen, dass die Industrieländer 0,7 Prozent ihres Bruttosozialpordukts für internationale Hilfe ausgeben. Jetzt seien es gerade einmal 0,3 Prozent, was auf 100 Milliarden Euro im Jahr kommt. Allein der Unterhalt der US-Truppen im Irak summiere sich auf 70 Milliarden Dollar pro Jahr.

Der Streit mit dem Iran hat für Sponeck eine andere Qualität als der mit dem Irak. Inzwischen seien viele nicht mehr bereit, die westliche Einbahnstraße mitzufahren. Hinter dem Iran würden aufstrebende Mächte wie China und Russland stehen. Deshalb glaubt von Sponeck nicht, dass es zu einem Krieg mit dem Iran kommt. Die USA hätten weder das Geld noch das militärische Potenzial sowie die internationale Unterstützung dafür. „Es wäre ein verheerender israelisch-amerikanischer Verzweiflungsakt, wenn man nur mit der Bombardierung von Atomanlagen im Iran beginnen würde", sagt er.

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